Erklärt durch die nachfolgende Predigt zum Bild von Pfarrarin Christine Walter,
gehalten in Geradstetten am 03. Juli 2005
Wer im Augenblick die Chance hat während der Renovierungsarbeiten einen Blick in die Kirche zu werfen, dem fällt auf, dass an die Wänden mit Bleistift immer wieder ein Wort geschrieben steht: „Malerei“. Unter dem Putz lassen sich noch Reste von Bildern aus der Zeit als unsere Kirche gebaut wurde erahnen. Die Menschen damals konnten größtenteils nicht lesen und in vielen Kirchen wurde die Messe noch auf Lateinisch gelesen/gesungen. Bilder an den Wänden waren daher unheimlich wichtig. „biblia pauberis“- die Bibel der Armen wurden die Wandbilder von den Gebildeten der damaligen Zeit genannt. Bilder haben eine Botschaft.
Die Werbeindustrie heute macht sich dies zu Nutze und auf Plakaten, Anzeigen oder in Spots wird der weitaus größere Teil der „Botschaft“ dem potentiellen Käufer über die Bilder vermittelt. Die Kirche ist eine Kirche des Wortes. Jesus Worte und das Zeugnis der Apostel stehen im Mittelpunkt. Spätestens seit der Reformation und der Erfindung des Buchdrucks sind Bilder als Träger der Botschaft in den Hintergrund geraten, ja wurden sogar in manchem Kirchen im Wahnsinn der Bilderstürmerei vernichtet. Doch Bilder können Botschaft sein. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Kinderkirche, im Kindergarten und sicher auch manche unter ihnen, die kleine Kinder um sich haben, machen diese Erfahrung. Auch in anderen Bereichen der Kirche halten sie in den letzten Jahrzehnten wieder vermehrt Einzug. Das neue Gesangbuch ist bebildert, Gemeinden leisten sich neue Kirchenfenster oder Paramente, die zum Meditieren und Nachdenken anregen und auch Geradstetten hat diesen Holzschnitt von Andreas Felger für ihre Kelter ausgewählt. Felger selbst sagt über seine Kunst: „Meine Arbeiten entstehen in der Auseinandersetzung mit der Bibel, mit den Menschen, von denen sie erzählt und mit den Gedanken, die sie in unser Denken gibt. Ich suche immer neuen Ausdruck für etwas, das mich unmittelbar berührt und angeht. Ich muss dem Schöpfer auf der Spur bleiben. Sein Wirken ist ja nicht fertig. Es gibt so viel zu entdecken und zu beschauen. Ab und zu gelingt es einen Reflex seines Wirkens in meinen Arbeiten sichtbar werden zu lassen. Das ist meine Berufung.“
Im Bild von Andreas Felger, das er 1989 geschaffen hat, sind viele Themen der biblischen Botschaft nicht aufs Papier, aber auf Lindenholztafeln an die Wand gebracht. Das Werk trägt keinen Titel, vielleicht weil es ein Netz, ein System ist und viele Teile miteinander verflochten sind. Machen sie sich mit mir auf den Weg, dem Schöpfer auf die Spur und vielleicht finden sie am Ende einen Titel für sich – einfach das, was ihnen aus diesem Bild heute am wichtigsten wurde.
Felgers Bild passt in diesen Raum und zu diesem Ort, denn auf der linken Bildtafel ist eine Kelter zu erkennen. Man sieht die Platten, zwischen denen die Trauben gepresst werden und über eine Rinne fließt ab, was aus den Früchten gekeltert wird. Im Alten Testament ist die Kelter ein Bild für das Gericht Gottes am Ende der Zeiten (Off 14,19). Im Bild ist Gold die Farbe Gottes und man sieht sie am goldenen Handgriff der Kelter. Am Ende der Zeiten ist es Gott der keltert. Gott hält Lese, Lebens-Lese und es stellt sich die Frage: Welche Früchte sind in meinem Leben gewachsen? Was ist der Enteertrag meines Lebens? Was lässt sich aus meinem Leben keltern? Was kommt am Ende heraus?
Auch die Waage am oberen Rand und das Auge, das dort zu sehen ist, weisen darauf hin: Gott sieht unser Leben, er sieht es sich an und er wiegt es. „Des Herrn Thron ist im Himmel. Seine Augen sehen herab und seine Blicke prüfen die Menschenkinder“, heißt es in den Psalmen (Ps11,4) und Hiob hofft deshalb: „Gott möge mich wiegen auf rechter Waage“ (31,6). Ist Gott also der gnadenlose Prüfer, der uns am Ende in die Mangel nimmt, unsere Leistungen wiegt und gewichtet, der am Ende entscheidet: hopp oder top, Tod oder Leben? Gilt hier „big brothers watching you“? Und was könnte vor seinen Augen bestehen? Welche Leistungen sind gefragt?
Einen Hinweis darauf gibt uns der obere Teil der mittleren Bildtafel: Aus einer Mitte entspringt wellenförmig das Leben. Ein Bild für die Schöpfung. Aus Gott, dem Ursprung aller Dinge, breitet sich das Leben aus, entsteht die Welt. Sie entsteht, wie es die Schöpfungsbereicht beschreiben, durch Teilung. Gott scheidet Licht und Finsternis und er macht zwei große Lichter am Himmel. Der zweigeteilte Kreis könnte darauf hindeuten. Darunter erkennt man blaue und weiße Pflanzenblätter, die zum Teil auch wie sich tummelnde Fische anmuten. Hier herrscht Leben und mittendrin eine Krone. Gott erweist sich, in dem dass und wie er die Welt erschaffen hat als ein wahrer König. Durch seine große Macht entsteht die Welt, wird Zeit und Raum erschaffen, erhalten, Menschen und Tiere Leben. Wie ein König ordnet er seine Welt, sein Reich. Gibt allem, was darin lebt einen Namen und eine Bestimmung. Und wie ein König verspricht er für sein Reich, seine Schöpfung zu sorgen. Die Regenbogenfarben der Kreise weisen auf Gottes Treue und dieses Versprechen, die Welt zu erhalten.
Die Krone in der Mitte allen Lebens steht aber auch noch für ein Zweites. Der Mensch ist erschaffen als „Krone“ der Schöpfung. „Was ist der Mensch? Du hast ihn wenig niedriger gemacht als Gott, mit Ehre und Herrlichkeit hast du ihn gekrönt,“ staunen die Psalmen (8,6). Und von der Schöpfung wird berichtet: Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn. - Das ist der Mensch: Ebenbild Gottes und das soll er werden: Gott ähnlich. Dann ist er wahrhaft die Krone der Schöpfung. Das ist sein Auftrag. Gott Ebenbild werden. Das ist seine Bestimmung. Danach fragt Gott am Ende der Zeiten, ob wir ihm ähnlich geworden sind. Ob in der Welt durch uns etwas sichtbar und erlebbar wurde von ihm, von seinem Wesen.
Aber woher sollten wir wissen, wer er ist und was dementsprechend ihm ähnlicher werden heißt. „Er hat uns vorherbestimmt, dass wir gleich sein sollten dem Bild seines Sohnes, damit er der Erstgeborene sein unter vielen Brüdern.“ (Röm 8,29). Das ist die Antwort. Gott hat in Jesus gezeigt wer er ist und was er von uns will. In Jesus Christus ist er zur Welt gekommen und die Menschen haben etwas davon gespürt, erlebt und erfahren wer Gott ist. Ein Gott der andere Menschen sieht, ansieht, zuhört, hilft, heilt, liebt. Ein Gott, der mit Wort und Tat, mit seinem ganzen Leben für das Leben und gegen alles Tödliche, Gewaltsame und Vernichtende eintritt. Ihm sollen wir ähnlich werden, wie sich manchmal Brüder – oder Schwestern – sich ähnlich sind. Man soll erkennen: Die gehören zu einer Familie. Ganz der Bruder, ganz der Vater. Man sagt ja: Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. In diesem Fall ist es positiv gemeint. Über solche Äpfel, solche Früchte, die eng mit dem Baum, mit Gott verbunden sind und deshalb nicht weit vom Stamm fallen, über solche Früchte freut sich Gott. Solche Früchte lassen andere Menschen etwas schmecken von der Größe und Liebe Gottes. Solche Früchte wünscht sich Gott auf seiner Waage und in seiner Kelter.
Doch wenn ich mir mein eigenes Leben betrachte, dann bin ich mir nicht sicher, ob mir dies immer gelingt, ob da nicht beim Keltern auch ganz andere Dinge zum Vorschein kommen, wie es auch Andreas Felger auf seinem Bild realistisch darstellt. Am Ende der Rinne sammelt sich Schutt, große und kleine Brocken von Dingen, die mir misslungen sind oder die ich nicht fertiggebracht habe, Äste meiner Reben, die keine Frucht gebracht haben, weil ich mich nicht darum gekümmert habe und mancher Zweig an mir, der seltsame ungenießbare Blüten getrieben hat. Faule Früchte sind dabei, Schuld, die andere oder ich selbst nicht verdauen können, die immer wieder sauer aufstoßen. Auch Sorgensteine hängen in meiner Lebensrinne fest und blockieren den Fluss des guten Lebens. So sieht mein, so sieht das Leben oft tatsächlich aus. Die Frucht fällt weit, faul oder gar nicht vom Stamm und es kommt noch jede Menge anderes Zeug mit runter.
Und noch ein weiteres Faktum des Lebens stellt Felger in der linken Ecke dar. Ein Rad. In Kunst und Literatur wird das Leben oft mit einem Rad verglichen. Das Leben gleicht zum einen einem Schicksalsrad, das wie bei einem Glücksrad den einen Gewinn und Glück, den anderen Verlust und Enttäuschung beschert. Zum anderen dreht sich die Lebenszeit wie ein Rad immer weiter. Die Zeit läuft. Läuft weiter und mit ihr vergeht die Lebenszeit. Das Rad im Bild läuft ins Dunkel. Das Leben vergeht. Es dreht sich dem Tod entgegen. Auch das ist im Bild zu sehen. Der eingeritzte Totenkopf in der unteren Bildecke deutet es an. Hier ist es Schwarz, dunkel. Für uns alle dreht sich das Leben dem Tode entgegen.
Ich denke jedoch man kann in der Bildinterpretation noch weiter gehen: Dort im Dunkeln, am Bildrand liegt auch alles, was unter die Räder gekommen ist, was überrollt wurde von mächtigen Rädern, die die Welt und das Leben antreiben. Die Räder der Wissenschaft, der Wirtschaft, der Politik, auch der Kirche und das Rad des eigenen Lebens, sie sollen ja besonders schnell, fortschrittlich, effizient, ertragreich und reibungslos laufen. Da kann schon das eine oder andere auf der Strecke bleiben. Da landen wichtige, lebenswichtige Dinge wie z.B. Solidarität mit den Schwächeren, Achtung vor dem Leben, Zeit für sich selbst und den anderen im Dreck. Da treiben Fortschritt, Egoismus, Zeitdruck oder ähnliches die Räder gnadenlos voran und das wirft so manchen aus der Bahn.
Betrachtet man allein den linken Ausschnitt des Bildes, wie düster dort das Leben dargestellt ist: Ein Gott der keltert, ein Lebensrad, das sich ins Dunkle dreht und finstere Seiten des Lebens zeigt – da könnte es einem schon Angst werden. Aber das Bild und die Botschaft der Bibel endet hier nicht. Die Mitte des Bildes zeigt worauf es ankommt, zeigt, was die Mitte, die Hauptsache des Glauben ist, auf das sich unser Augenmerk richten soll. In der Mitte lässt sich das Kreuz erkennen. Es ist nicht eigens gemalt, sondern leuchtet durch die Farben und Schnitte hindurch.
Zweierlei lässt sich an diesem Kreuz erkennen:
Das eine ist: Das Kreuz reicht bis ins Dunkel hinab. Jesus machte nicht kehrt als es schwierig wurde, als man ihn mit schwarzem Hass verfolgte, als dunkles Unrecht ihn bedrohte, als die Nacht der Angst sich auf sein Herz legte und seine Eintreten für Frieden, Gerechtigkeit und für die Liebe als letzte Konsequenz den Tod forderte. Er hat nicht umgedreht oder plötzlich zu anderen Mittel gegriffen und mit Gewalt seine Macht gezeigt. Er hat nicht alles hingeworfen nach dem Motto, da hört denn doch die Liebe auf. Nein, er hat durchgehalten, er ist geblieben in der Dunkelheit der Angst und des Todes. Er hat durchgehalten, durchlebt und durchlitten alles was menschliches Leben dunkel macht. Und Gott hat ihn dort nicht gelassen, nicht alleine gelassen, sondern auferweckt, aufstehen lassen zu neuem Leben. Über dem Kreuz ein X für Christus und das Rund der Sonne. Die Liebe Gottes hat nicht aufgehört, die Liebe Gottes hört niemals auf. Gegen sie hat alles Tödliche keine Chance. Das Kreuz trägt eine Krone. (Hebr 2,9). Diese Liebe, die bis in den Tod geht und durch ihn hindurch ist eine wahre Macht. Sie überwindet alles Tödliche und lässt neues entstehen. Neues Leben. Dass nur durch solche Liebe, die vergibt, neues entstehen kann, erahnen wir vielleicht, wenn wir daran denken wie es uns ergeht, wenn wir jemanden verletzten oder angreifen und er dreht sich um nachdem Motto, da hört die Liebe aber auf, er geht weg oder er greift zu anderen Mitteln, vielleicht sogar wie du mir so ich dir, dann entsteht eines dabei ganz sicher nicht: neues Leben, eine neue Chance. Gott macht es anders. Gott bleibt und liebt uns, auch wenn unsere Taten düster sind, wir mit dem was wir tun Gott, seinen Willen mit Füßen treten, Gerechtigkeit, Frieden und Liebe verhöhnen, verspotten und kreuzigen. Gottes Liebe, sein Kreuz reicht bis in die schwarze Tiefe unserer Schuld. Wo wir das glauben und Gott bitten, dass er uns vergibt und wir ihm dafür danken, dass er dageblieben ist und dableibt, da vergibt er uns tatsächlich und wir können neu beginnen, können neu versuchen einen anderen Weg zu gehen, den Weg des Lebens und den Weg des Widerstandes gegen alles Tödliche, Lieblose und Ungerechte. Den Weg, ihm nach, ihm ähnlicher zu werden.
Gottes Kreuz reicht bis ins Dunkel, d.h. also einerseits, er vergibt uns und ermöglicht uns damit neu anzufangen, jeden Tag – und andererseits, er ist bei uns und bei allen, um die es dunkel ist. Er ist bei denen, die unter die Räder zu geraten drohen und er ist bei den Sterbenden und Toten. Er selbst hat dies durchlitten und ist so in allen Dunkelheiten nahe.
Doch noch ein zweites zeigt sich am Kreuz: wenn wir die Rinne der Kelter aus der unser Geröll plumpst weiterverfolgen, dann fällt etwas auf. Am Kreuz geschieht etwas Eigenartiges, etwas Wunderbares: Leben, Steine, Schutt werden verwandelt und goldene Früchte entstehen. Andreas Felger will uns daran erinnern:
Wo ein Mensch erfährt, dass Gott ihn trotz allen Schutts, der da aus der Lebensrinne poltert, liebt und ihm vergibt, da wird ihn dies verwandelt. Da fasst er neu Mut für sich uns sein Leben. Da bekommt er Lust anderen etwas von dieser Liebe weiterzugeben. Da purzeln plötzlich Früchte heraus. Früchte des Geistes, seines Geistes, goldene Früchte, wie Liebe, Freude, Frieden, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Nachsicht und Selbstbeherrschung. Der Geist Gottes lässt als Frucht eine Fülle von Gutem wachsen. Und nicht nur zwei goldne Früchtchen, sondern ganze Traubenzeder. (2. Kor 5,17; 9,10; Gal 5,22; Ps 1)
„Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht (Joh15,5).“, sagt Jesus von sich und im Bild sieht man wie ein Weinstock sich um das Kreuz rankt. Das Kreuz Jesu ist eben nicht das Ende allen Lebens, sondern aus ihm ist das Leben gewachsen. Und wenn ich auf das Kreuz blicke und sehe, dass Gott mich liebt bis in den Tod, alle Dunkelheit durchdringt und mir vergibt, dann kann ich neu leben, jeden Tag, dann wird dieses Kreuz für mich zum Lebensbaum, aus dem Trost und Mut wächst.
Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Dieses in der Mitte des Bildes erkennbare Motiv ist aber auch ein Bild für die Kirche. Christus ist der Weinstock, aus dem die Kirche wächst. Andreas Felger schnitzt sogar ein Kirchengebäude in das Holz ein. Waren sie schon einmal in Ron Champ in Frankreich? Oder kennen sie diese Kirche des Architekten Le Corbusier von Bildern? Im Kirchengebäude sind 11 Kerben eingeritzt und eine Kerbe nur im Umriss sichtbar. Für mich sind die zwölf Jünger damit symbolisiert. 11 Jünger und Judas. Alle in der Kirche. Gerechte und Sünder, wir alle, versammelt im Hause Gottes, unter seinem Wort und verbunden und getröstet durch das gemeinsame Mahl. Der Weinstock im Bild formt nämlich zugleich den Kelch. Und durch den scheint das Kreuz hindurch. Im Kelch das Blut des neuen Bundes, des Bundes der Liebe, der Liebe, die bis in den Tod geht und hindurch. Wein und Brot – sieht man den Kelch, sieht man auch das Brot in dem Rund am oberen Bildrand. Wenn wir gemeinsam Abendmahl feiern, dann schmecken und sehen wir, wie freundlich der Herr ist, der uns vergibt, dann teilen wir miteinander die Freude darüber, dass wir einen solchen Gott haben, die Freude darüber, dass wir nicht alleine sind, sondern eine Kirche, in der die Reben sich bemühen Früchte des Geistes zu bringen. Und wir teilen noch etwas und darauf weist die rechte Bildtafel hin und vielleicht ist die Kirche deshalb am Übergang zurrechten Bildtafel platziert. Wir teilen die Hoffnung und Gewissheit miteinander, dass wir am Ende der Zeiten gemeinsam bei Gott die Fülle des Lebens genießen werden. Dass wir im Licht sind, im ewigen Licht, in dem kein Dunkel ist. Diese Ewigkeit Gottes ist mit Engel, viel Licht und weißer Klarheit auf der rechten Tafel ins Bild gesetzt.
Der linke Flügel des Engels dockt an die Kirche an, vielleicht ein Hinweis darauf, dass wir Gottes Boten in der Welt sein sollen. Und verfolgt man den Lauf der Lebensrinne weiter, dann werden die Bruchstücke nicht nur am Kreuz zu goldenen Früchten, sondern zu Strömen lebendigen Wassers. Mir kommt in den Sinn: „Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen.“ Unser Leben unsere Werke sind bruchstückhaft. Aber wir brauchen deshalb nicht zu verzweifeln oder resignieren, denn Gott verspricht, dass er vollenden kann und wird (Phil 1,6). Aus unseren Bruchstücken kann etwas werden, kann er etwas machen. Im Bild werden sie am Ende der Zeit, auf der rechten Bildtafel, zu bunten Steinen. Die Offenbarung beschreibt die Ewigkeit als goldene Stadt, deren Grundsteine Edelsteine und deren Tore Perlen sind. Jeweils 12 – 12, wie die Zahl der Jünger, 12, wie die Zahl der Kirche (Off 21). Unsere Früchte des Geistes werden zu Grundsteinen und Toren der ewigen Stadt Jerusalem. Wo wir Frucht bringen, da wird das Reich Gottes gebaut. Wo wir Fruchtbringen, da leuchtet bereits in der Welt etwas von Gottes goldener Herrlichkeit auf. Da durchflutet etwas von Gottes Licht die Welt und lässt sie hier und da ein wenig heller werden.
Wenn wir noch einmal auf alle drei Bildtafel sehen, dann wird deutlich: Gott ist gegenwärtig, auf allen drei Tafeln leuchtet es golden. Er ist Richter, d.h. ihm ist unser Leben, sein Auftrag ihm ähnlich zu werden nicht egal. Aber die Waage ist nicht vollständig. Er ist nicht nur Richter, sondern vor allem Retter. Das zweite göttliche Auge findet sich in der Mitte. Gott sieht unser Leben an. Er ist nicht auf einem Auge blind, blind vor Liebe etwa. Sondern er nimmt unser Leben unser Tun ernst. Aber er ist auch nicht blind vor Zorn über das, was uns misslingt. Sondern die Mitte, auf die Andreas Felger unsern Blick richtet, bleibt sein liebendes Auge mit dem er die Welt erschaffen hat, in Christus am Kreuz erlöst hat und einst vollenden wird. Lassen sie uns als Kirche diesen Gott feiern im Fruchtbringen und im gemeinsamen Mahl der Versöhnung und der Hoffnung.
Amen.